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21. November 2022 - erstellt von Dominik Görtz
Produkthaftung wegen Fabrikationsfehler – Entlastungsbeweis

Entlastungsbeweis bei einem durch ein Zuliefererteil verursachten Schaden

Der Hersteller haftet für einen Fabrikationsfehler seiner Produkte grundsätzlich aus Vertrag und Deliktsrecht.

1.

Ein Fabrikationsfehler entsteht während der Herstellung. Er haftet nur einzelnen Stücken an und beinhaltet eine Abweichung des konkreten Stücks vom allgemeinen Standard, den der Hersteller für die Produktionsserie vorgesehen und am dem deshalb der Verwender seine Sicherheitserwartungen orientiert.

2.

Das für einen Schadensersatz aus Vertrag und Deliktsrecht geforderte Herstellerverschulden wird bei einem Fabrikationsfehler vermutet. Der Hersteller hat jedoch die Möglichkeit, sein fehlendes Herstellerverschulden darzulegen und zu beweisen – sog. Entlastungsbeweis.

Ein Herstellerverschulden besteht für solche Fabrikationsfehler nicht, die dem Hersteller trotz aller zumutbaren Vorkehrungen als sog. Ausreißer unvermeidbar sind.

3.

Das OLG Düsseldorf hat im Jahr 2009 ein fehlendes Herstellerverschulden bei der Schadensverursachung durch ein Zuliefererteil angenommen, welches der Hersteller von einem der weltweit größten Zulieferer bezogen hat, der ihn seit Jahren ohne Beanstandungen beliefert hatte. Hier kam hinzu, dass der Hersteller den Lieferanten in einem umfangreichen Auswahlverfahren für dieses Bauteil ausgewählt hatte. Danach hatte der Hersteller im Freigabeverfahren geprüft, ob dieses Bauteil ordnungsgemäß konstruiert und produziert werde. Erst nachdem auf Grund dieser Qualitäts- und Funktionsprüfungen festgestanden habe, dass das Bauteil in der Serienproduktion einsetzbar sei, wurde dieses beim Lieferanten bestellt. Wie sich aus einer vorgelegten Zertifizierung ergeben hat, hatte der Hersteller ein anerkanntes Qualitätssicherungssystem eingeführt, dass auch eine Eingangskontrolle aller gelieferten Produkte gewährleistet. Daneben hatte der Lieferant bestätigt, dass das streitgegenständliche Bauteil zertifiziert sei.

Die Wahl eines renommierten Zulieferunternehmens und dessen eingehende Überprüfung rechtfertigen eine Absenkung des eigenen Prüfaufwandes des Endherstellers während des laufenden Bezugs.

Das OLG Düsseldorf hat in diesem Fall – nachfolgend bestätigt durch den BGH – eine Haftung des Herstellers auf Schadensersatz mangels eines Herstellerverschuldens abgelehnt.

4.

Fazit:

Unternehmen können die Haftung auf Schadensersatz auf unterschiedliche Art und Weise begrenzen oder ausschließen. Eine Möglichkeit ist es, in den Einkaufsbedingungen und Verkaufsbedingungen interessengerechte und wirksame Regelungen zum Haftungsdurchgriff gegenüber dem Lieferanten bzw. gegenüber dem Kunden zum Haftungsausschluss und zur Haftungsbegrenzung zu vereinbaren.

Weitaus bedeutsamer ist es jedoch, die Qualität der eigenen Produkte durch den Einkauf einwandfreier Zuliefererteile und deren sorgfältige Auswahl sicherzustellen und damit zugleich den Nachweis eines fehlenden Herstellerverschuldens führen zu können.

Die Rechtsprechung verlangt vom Hersteller dazu eine lückenlose Sorgfalt für die Auswahl, Bestellung, Annahme und Verarbeitung der Zuliefererteile. Dies setzt insbesondere einen sorgfältigen Auswahl- und Freigabeprozess voraus. Dazu gehört auch die Überprüfung etwa erforderlicher Zertifikate einschließlich einer notwendigen EU-Konformitätserklärung und der CE-Kennzeichnung für CE-kennzeichnungspflichtige Produkte nach einschlägigem Produktsicherheitsrecht.

OLG Düsseldorf Urteil v. 22.04.2009 Az. I-19 U 23/08

nachgehend BGH 6. Zivilsenat v. 26.01.2010, VI ZR 179/09

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