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13. Juli 2021 - erstellt von Dominik Görtz
Neuregelung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) zum 01.01.2022

Am 15.04.2021 hat der Bundestag dem Gesetzesentwurf zur Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes zugestimmt. Dazu hat der Bundesrat seine Zustimmung mittels Beschluss vom 07.05.2021 seine Zustimmung erteilt. Die Änderungen treten zum 01.01.2022 in Kraft.
Mit Blick auf die Vorgaben zur Produktkonzeption aus § 4 ElektroG erfolgt für batteriebetriebene Geräte eine Verschärfung der Vorgaben an die Entnahme der Batterien und Akkumulatoren und der dazu notwendigen Information der Verbrauch.
Während bislang leidglich gefordert war, dass die Batterien durch den Endnutzer oder durch vom Hersteller unabhängiges Fachpersonal problemlos entnommen werden können, sieht das Gesetz ab dem 01.01.2022 vor, dass die Entnahme problemlos und zerstörungsfrei durch den Endnutzer bzw. mit handelsüblichem Werkzeug durch vom Hersteller unabhängiges Fachpersonal möglich sein soll.
Es stellt sich daher die Frage, welche Auswirkungen die Gesetzesänderung in § 4 Abs. 1 ElektroG insbesondere für Produkte hat, die auf Grund ihrer Größe bzw. Bauart bislang typischerweise über keinen einfach zu öffnenden „Revisionsdeckel“ bzw. Öffnungsmechanismus zur Entnahme darin befindlicher Batterien bzw. Akkumulatoren verfügen.

1. Gesetzgebung

Das Elektrogesetz sah bereits in seiner Fassung vom 16.03.2005 in § 4 eine Regelung zu den Anforderungen der Produktkonzeption vor. Darin war allgemein geregelt, dass die Geräte möglichst so zu gestalten sind, dass die Demontage und Verwertung der Geräte sowie ihrer Bauteile und Werkstoffe berücksichtigt und erleichtert werden.
Mit der Richtlinie 2012/19/EU des Europäischen Parlaments und Rates vom 04.07.2012 (WEEE-Richtlinie) wurden die Regelungen der Produktkonzeption in § 4 ElektroG am 20.10.2015 neugefasst. Auch diese Regelung knüpfte an § 23 Abs. 1 KrWG an, welcher ebenfalls schon bei der Konstruktion von Produkten ein entsorgungsbezogenes Denke verlangt. Zur Erfüllung der Produktverantwortung sind Erzeugnisse so zu gestalten, dass die umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung der nach deren Gebrauch entstandenen Abfälle sichergestellt sind.
Nach § 4 Abs. 1 Satz ElektroG (2015) sollte zum einen die Demontage, und zum anderen die Wiederverwendung sowie Verwertung der Geräte erleichtert werden.
„Die Hersteller haben die Geräte möglichst so zu gestalten, dass insbesondere die Wiederverwendung, Demontage und Verwertung von Altgeräten, ihren Bauteilen und Werkstoffen berücksichtigt und erleichtert werden.“
Es genügt danach jede konstruktive Gestaltung, die die Demontage, Weiternutzung bzw. Wiederverwendung vereinfacht, ohne dass damit alle denkbaren Maßnahmen vom Hersteller ausgenutzt werden müssen. § 4 Abs. 1 Satz 1 ElektroG gewährt den Herstellern einen sehr weiten Freiraum. Die Vorgaben zur Produktgestaltung sind inhaltlich letztlich sehr unbestimmt und Verstöße werden nach dem ElektroG nicht sanktioniert. Die weiteren Regelungen in § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 ElektroG (2015) setzen die Vorgaben von Art. 11 der 2013/56/EU vom 20.11.2013 zur Änderung der Richtlinie 2006/66/EG für Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren hinsichtlich des Inverkehrbringens von Geräte-Batterien und -akkumulatoren um.
„Elektro- und Elektronikgeräte, die vollständig oder teilweise mit Batterien oder Akkumulatoren betrieben werden können, sind möglichst so zu gestalten, dass Altbatterien und Altakkumulatoren durch Endnutzer problemlos entnommen werden können. Sind diese nicht problemlos durch Endnutzer entnehmbar, sind die Geräte so zu gestalten, dass die Altbatterien und Altakkumulatoren problemlos durch vom Hersteller unabhängiges Fachpersonal entnommen werden können.“
Altbatterien sind Batterien, die Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind (§ 2 Abs. 9 BattG).
Eine getrennte Sammlung von Altbatterien soll das Niveau ihrer Behandlung, des Recyclings und der Beseitigung erhöhen, um dadurch die Menge an freigesetzten gefährlichen Stoffen zu verringern und die Umweltschutzleistung zu verbessern. Hierzu sollen die Regelungen in § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 ElektroG sicherstellen, dass es dem Verbraucher in zumutbarer Weise möglich ist, Altbatterien aus Elektrogeräten zu entnehmen bzw. durch vom Hersteller unabhängiges Fachpersonal zu entnehmen lassen. Auch zu diesen Regelungen gilt das zu Satz 1 Gesagte, dass zwar eine Gestaltungspflicht besteht, die inhaltliche Ausgestaltung jedoch beim Hersteller liegt und eine Verletzung dessen bislang sanktionslos war.
Gleiches gilt auch für die Sollvorschrift des § 4 Abs. 2 ElektroG, der es den Herstellern untersagt, die Wiederverwendung der Geräte durch besondere Konstruktionsmerkmale oder Herstellungsprozesse zu verhindern. Damit könnten Fälle erfasst gewesen sein, bei denen die Entnahme der Batterien und Akkumulatoren zwar problemlos möglich war, dies allerdings nur auf Kosten der Beschaffenheit und weiteren Funktionsfähigkeit der Elektro- bzw. Elektronikgeräte. Hierzu sieht § 4 Abs. 2 Satz 2 ElektroG Ausschlusstatbestände vor, die eine Befreiung vom Verhinderungsverbot des Satz 1 regeln, etwa wenn einschlägige Sicherheitsvorschriften bestimmte Konstruktionsmerkmale oder Herstellungsprozesse erfordern.
Der Gesetzgeber sah das Problem der Zerstörung der Batterien bei deren problemloser Entnahme durch § 4 ElektroG nicht hinreichend geregelt. Entsprechend wurde in der ab dem 01.01.2022 geltenden Neufassung in § 4 Abs. 1 ElektroG neu aufgenommen, dass die Entnahme der Alt-Batterien nicht nur problemlos, sondern insbesondere auch zerstörungsfrei möglich sein soll.

2. Praktische Anwendung der Neufassung von § 4 ElektroG (2021)

Mit der Neufassung von § 4 ElektroG (2021), wonach es möglich sein soll, dass Altbatterien und -akkumulatoren nicht nur problemlos, sondern zugleich zerstörungsfrei aus Elektro- bzw. Elektronikgeräten entnommen werden können, soll nach der dazu erfolgten Gesetzesbegründung des Bundestages vom 24.02.2021 nicht einer Zerstörung der Elektro- und Elektronikgeräte entgegengewirkt werden, wozu wohl § 4 Abs. 2 ElektroG weiter heranzuziehen sein wird, sondern lediglich der Alt-Batterien bzw. -Akkumulatoren vorgebeugt werden. Dieser Ansatz wird damit begründet, dass gesetzgeberischer Zweck es ist vor Gefahren zu schützen, die von beschädigten oder zerstörten lithiumhaltigen Batterien ausgehen.
In der Konsequenz bedeutet dies nach dem für das Inverkehrbringen in Deutschland anwendbarem § 4 Abs. 1 ElektroG, dass die Hersteller die Batterien bzw. Akkumulatoren in ihre Geräte so einbauen müssen, dass diese entweder die Endnutzer selbst, aber jedenfalls vom Hersteller unabhängiges Fachpersonal mit handelsüblichem Werkzeug ohne deren Zerstörung problemlos entnehmen können, auch wenn dadurch das Gerät selbst beschädigt, beeinträchtigt oder gar zerstört wird. Laienhaft gesprochen, wäre damit sogar ein Aufbrechen des Gehäuses mit einem Stemmeisen gesetzeskonform, wenn sichergestellt ist, dass dabei die Batterie nicht beschädigt wird und zerstörungsfrei entnommen werden kann. In der Konsequenz ist damit jedwede denkbare Entnahmeart möglich, bei der die Batterien vom Endnutzer bzw. Fachpersonal mit handelsüblichem Werkzeug problemlos entnommen werden können und dabei nicht beschädigt oder zerstört werden. Die Grenze dessen gibt dann wiederrum wohl § 4 Abs. 2 ElektroG vor, wobei hierzu in den meisten Fällen wohl einer der Ausschlusstatbestände im Hinblick auf den Gesundheitsschutz, dem Umweltschutz oder auf Sicherheitsvorschriften herangezogen werden kann.
Neu ist die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 4. Danach ist der Endnutzer über die jeweils mögliche problemlose und zerstörungsfreie Entnahme der Batterien bzw. Akkumulatoren durch die Beifügung einer geeigneten Entnahmeanleitung zu informieren.

3. EU-Ausland

Für das Inverkehrbringen in anderen Ländern der EU können anderslautende nationale Regelungen gelten.

4. Übergangsvorschriften zu § 4 ElektroG

Nach der Richtlinie 2013/56/EU vom 20.11.2013 wurde Artikel 6 Abs. 2 2006/66/EG wie folgt neu gefasst:
„Batterien und Akkumulatoren, die den Bestimmungen dieser Richtlinie nicht entsprechen, jedoch vor dem Zeitpunkt der Anwendung der jeweiligen Verbote in Artikel 4 rechtmäßig in Verkehr gebracht werden, dürfen weiterhin vermarktet werden, bis die Bestände aufgebraucht sind.“
Das neue ElektroG selbst sieht keine Übergangsregelung für § 4 ElektroG vor. Damit wird man wohl auf Artikel 6 Abs. 2 2006/66/EU zurückgreifen und diese heranziehen können. Danach findet die ab dem 01.01.2022 in Kraft tretende Neufassung von § 4 ElektroG nicht auf solche Elektro- und Elektronikgeräte Anwendung, die der Hersteller bis zum 31.12.2021 in Deutschland in Verkehr gebracht hat. Dafür dürfte es ausreichend sein, wenn die Geräte an Großhändler bzw. eine Drittfirma bis zum 31.12.2021 verkauft und ausgeliefert werden bzw. eine Aussonderung zur Auslieferung erfolgt ist.
Für Elektro- bzw. Elektronikgeräte, deren Serienfertigung noch nicht begonnen hat und deren Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, wird dagegen wohl die Neufassung von § 4 ElektroG uneingeschränkt Anwendung finden, sofern die Geräte nicht vor dem 31.12.2021 in Verkehr gebracht worden sind. Gleiches wird wohl auch für Warenbestände von Geräten gelten, die der Hersteller bis zum 31.12.2021 in Deutschland nicht in Verkehr gebracht hat, auch wenn der Gerätetyp selbst schon vor dem 31.12.2021 in Deutschland verkauft und in Verkehr gebracht wurde.
Es bleibt abzuwarten, in welcher Art und Weise die Marktaufsichtsbehörden die Neuregelung des § 4 ElektroG zum Anlass für eigene Maßnahmen nehmen werden. Jedenfalls ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Verstoß gegen § 4 ElektroG wettbewerbsrechtliche Relevanz hat und Wettbewerber Verstöße zum Anlass für eine Abmahnung oder Unterlassungsklage nehmen werden.

5. Sonstiges

Im Übrigen wird mit einfachem Hinweis noch angemerkt, dass mit der Neufassung zudem u. a.

– die Hersteller für Geräte, die gewerblich genutzt werden, nach § 7a ElektroG ein Rücknahmekonzept vorlegen müssen. Darin hat der Hersteller darzulegen, wie er seinen Rücknahmepflichten aus § 19 ElektroG nachkommt und wie die Endnutzer auf die vorzuhaltenden Rückgabemöglichkeiten des Herstellers zugreifen können;

– künftig alle Elektro- und Elektronikgeräte nach § 9 Abs. 2 Satz 1 ElektroG mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne zu kennzeichnen sind;

– nunmehr auch Vertreiber von Lebensmitteln mit einer Gesamtverkaufsfläche von mindestens 800 qm, die mehrmals im Kalenderjahr oder dauerhaft Elektro- und Elektronikgeräte anbieten oder bereitstellen den Rücknahmepflichten des § 17 Abs. 1 ElektroG unterliegen und zwar ungeachtet der Verkaufsfläche für diese Geräte und zwar gemäß dazu geregelter Übergangsregelung ab dem 30.06.2022;

– Hersteller privaten Haushalten nach § 18 Abs. 4 ElektroG umfangreichere und systematisch gestaltete Informationen zuleiten sowie allen Endnutzern ergänzende Informationen nach § 17 ElektroG und § 18 Abs. 1 ElektroG erteilen müssen.

Eine weiter Besonderheit stellt die Neuregelungen in § 6 Abs. 2 ElektroG i.V.m. § 3 Nr. 11 a und c ElektroG. Darin wird nunmehr erstmals auch den Betreibern elektronischer Marktplätze sowie Fulfilment-Dienstleistern eine Überprüfungspflicht auferlegt. Diese sind danach künftig zur Überprüfung der Herstellerregistrierung ihrer Vertragspartner nach dem ElektroG verpflichtet. Diese Regelung findet erst ab dem 01.01.2023 Anwendung und stellt wettbewerbsrechtlich relevante Marktverhaltensregelung gemäß § 3a UWG dar.

Stuttgart, den 13 Juli 2022

Dominik Görtz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht

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