Änderungen im BGB und EGBGB – Umsetzung der Omnibus-Richtlinie
Im April 2018 hat die Europäische Kommission einen „New Deal for Consumers“ vorgestellt, der dann mit der EU-Richtlinie 2019/2161 umgesetzt wurde. Am 7.1.2020 ist die diese Richtlinie zur Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften (sog. Omnibus-Richtlinie) in Kraft getreten. Die Omnibus-Richtlinie richtet sich nicht an die uns bekannten Kraftfahrzeuge, sondern bezweckt Änderungen für Verbraucher insbesondere im Online-Handel und in den Bereichen des unlauteren Wettbewerbs.
WICHTIG!!
Die Richtlinie gibt vor, dass die Regelungen bis zum 28.11.2021 in nationales Recht umzusetzen und auf Verträge, die ab dem 28.5.2022 geschlossen werden, anzuwenden ist.
Zur Umsetzung der Richtlinie und Transformation in nationales Recht sind Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (nachfolgend: BGB) und zum Einführungsgesetz des Bürgerlichen Gesetzbuches (EGBGB) vorgesehen. Den Gesetzesentwurf der Bundesregierung hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (nachfolgend: BMJV) vor kurzem veröffentlicht. Dieser muss allerdings noch den Bundestag und Bundesrat passieren. Insoweit bleibt es abzuwarten, welche Änderungen am Gesetzentwurf noch vorgenommen werden.
Folgende Richtlinien werden mit der Omnibus-Richtlinie angepasst:
– Verbraucherrechte-Richtlinie (2011/83/EU)
– Richtlinie über Preisangaben (98/6/EG)
– Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG)
– Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln (93/13/EWG)
Wir haben die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst:
Anpassung der Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen
Mit Umsetzung der Omnibus-Richtlinie sollen die Informationspflichten in Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 EGBGB angepasst werden:
Die bisherige Nr. 2 dieser Vorschrift mit der Informationspflicht bezüglich der Identität des Unternehmers soll künftig in Nr. 2 und Nr. 3 aufgeteilt werden.
Gemäß Nr. 2 muss die Identität, beispielsweise der Handelsname, sowie die Anschrift des Ortes, an dem der Unternehmer niedergelassen ist, sowie gegebenenfalls die Identität und die Anschrift des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt angegeben werden. Nach der neu eingefügten Nr. 3 soll insbesondere die Telefonnummer, eine E-Mail-Adresse, sowie andere verfügbare Online-Kommunikationsmittel angegeben werden, sofern diese gewährleisten, dass der Verbraucher seine Korrespondenz mit dem Unternehmer, einschließlich deren Datums und deren Uhrzeit, auf einem dauerhaften Datenträger speichern kann. Eine Pflicht die Faxnummer angeben zu müssen entfällt allerdings künftig.
Die Nr. 4 der bisherigen Norm bezüglich Angaben zum Preis und weiteren Kosten wird neu strukturiert und in Nr. 5 und Nr. 7 der neuen Vorschrift aufgenommen. Inhaltliche Änderungen sind damit allerdings nicht verbunden.
In Nr. 6 der neuen Fassung wird eine Informationspflicht für personalisierte Preise eingeführt. Danach sollen Unternehmer Verbraucher informieren, wenn sie den Preis des konkreten Angebots auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert haben. Die Informationspflicht muss klar und verständlich und spezifisch vor Abschluss des konkreten Vertrags mit dem jeweiligen Verbraucher erfolgen. Sie wird nach der Gesetzesbegründung nicht erfüllt, wenn der Unternehmer generell darauf hinweist, dass Preise gegebenenfalls auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert sein können (z.B. in AGB). Die Informationspflicht soll hingegen nicht für dynamische Preissetzung oder Preissetzung in Echtzeit gelten, bei denen sich der Preis in sehr flexibler und schneller Weise in Abhängigkeit von der Marktnachfrage ändert, ohne dass eine Personalisierung auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung erfolgt.
Für die durch die Digitale-Inhalte-Richtlinie (RL 2019/770) und der Warenkauf-RL (RL 2019/771) neu eingeführten Kategorien der digitalen Produkte mit digitalen Inhalten oder Dienstleistungen und Waren mit digitalen Elementen werden die entsprechenden Informationspflichten angepasst. Der Unternehmer muss Angaben zum Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts, zur Funktionalität, der Kompatibilität und Interoperabilität machen.
Änderungen bezüglich des gesetzlichen Widerrufsrechts
Bisher waren die Rechtsfolgen des Widerrufs bei Fernabsatzverträgen in § 357 BGB geregelt. Die Vorschrift wird nun mit Umsetzung der Richtlinie neu strukturiert.
Die bisherigen Absätze 5 und 6 werden innerhalb der neuen Absätze 5 bis 7 neu gefasst und ein neuer Absatz 8 angehängt. Die bisher in den Absätzen 7 bis 9 BGB getroffenen Regelungen über zu leistenden Wertersatz werden in den neu eingeführten § 357a BGB-E verschoben. Eine Änderung der Rechtslage besteht insoweit im Ergebnis nicht.
Durch den neuen Absatz 8 des § 357 BGB-E wird in Bezug auf die Rechtsfolgen bei Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte aufgrund der Digitale-Inhalte-Richtlinie einzufügenden § 327p BGB-E verwiesen.
Änderung der Muster-Widerrufsbelehrung und des Muster-Widerrufsformulars
Der Gestaltungshinweis Nr. 2 sieht künftig in Abkehr von der bisherigen Formulierung vor, dass in jedem Fall eine Telefonnummer als Pflichtangabe mitzuteilen ist. Außerdem wird die bisherig erwähnte Möglichkeit gestrichen, die Widerrufserklärung mittels Fax abzugeben. Diese Änderung ist auch für das Muster-Widerrufsformular vorgesehen.
Erlöschen des Widerrufsrechts bei Dienstleistungen
Auch künftig wird es möglich sein, das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen zum Erlöschen zu bringen. Die entsprechenden Änderungen des § 356 Abs. 4 BGB sind auf den neuen Anwendungsbereich der Verbraucherrechte-Richtlinie (nachfolgend: VRRL) zurückzuführen. Dieser wurde mit der Omnibus-Richtlinie auf Verträge über die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen erweitert, in denen der Verbraucher sich nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, sondern dem Unternehmer personenbezogene Daten zur Verfügung stellt.
Nr. 1 regelt insoweit, dass das Widerrufsrecht bei einem Vertrag über Dienstleistungen, der den Verbraucher nicht zur Zahlung verpflichtet, dann erlischt, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat.
Die bisher in § 356 Abs. 4 S. 1 BGB geregelten weiteren Voraussetzungen für das Erlöschen des Widerrufsrechts sind künftig in Nr. 2 a) und c) vorgesehen und gelten nur dann, wenn es sich um einen Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen handelt, der den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet.
Erlöschen des Widerrufsrechts bei digitalen Inhalten
§ 356 Abs. 5 BGB wird künftig eine neue Fassung erhalten. Die Änderungen nimmt darauf Bezug, dass die VRRL ausdrücklich danach unterscheidet, ob sich der Verbraucher in einem Vertrag über die Bereitstellung digitaler Inhalte, die nicht auf einem dauerhaften Datenträger geliefert werden, zur Zahlung eines Preises verpflichtet oder ob der Verbraucher dem Unternehmer die Bereitstellung personenbezogenen Daten zusagt.
Nach Nr.1 der neuen Fassung erlischt das Widerrufsrecht dann, wenn der Verbraucher nicht zu einer Zahlung verpflichtet ist und der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat. Nach Nr. 2 sind zusätzliche Voraussetzungen für das Erlöschen des Widerrufsrechts aufgeführt, die bei Verträgen mit Zahlungsverpflichtung erfüllt sein müssen. Neben der ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers zur Vertragsausführung und der Bestätigung des Verbrauchers, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliert, muss der Unternehmer ihm künftig für ein Erlöschen eine Bestätigung auf einem dauerhaften Datenträger nach § 312f BGB zur Verfügung stellen.
Wertersatz bei Widerruf
Die bisherigen Regelungen § 357 Abs. 7 – 9 BGB bezüglich Wertersatzpflicht nach Widerruf werden in einen neu eingeführten § 357a BGB-E verschoben. Eine Änderung der Rechtslage ist hiermit nicht verbunden. Durch die Änderungen bei der Wertersatzpflicht für Dienstleistungen wird Anwendungsbereich der VRRL berücksichtigt. Die Wertersatzpflicht findet nur auf solche Verträge Anwendung, für die der Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet ist.
Pflichtangaben bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit
Besteht im Falle eines Fernabsatzvertrag nur eine begrenzte Darstellungsmöglichkeit, müssen die wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Identität des Unternehmers, der Gesamtpreis, das Widerrufsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge angegeben werden. Die übrigen Pflichtinformationen einschließlich des Muster-Widerrufsformulars muss der Unternehmer jedoch nach wie vor in geeigneter Weise nachreichen. Zur Umsetzung soll insoweit der Art. 246 § 3 S. 1 Nr. 4 EGBGB angepasst werden.
Hinweispflichten auf Marktplätzen
Die Omnibus-Richtlinie führt neue Informationspflichten auf Online-Marktplätzen ein, die der Anbieter künftig gem. § 312k BGB-E umsetzen muss. Der alte § 312k BGB zu abweichenden Vereinbarungen und zur Beweislast wird zu § 312l BGB.
Den Inhalt und den Umfang der Informationspflichten bestimmt Art. 246d § 1 EGBGB-E. Danach muss der Betreiber Informationen über die Hauptparameter bereitstellen, die über das Ranking der Angebote entscheiden und dem Verbraucher als Ergebnis der Suchanfrage präsentiert werden. Der Betreiber muss weiter die relative Gewichtung im Verhältnis zu anderen Parametern erläutern.
Nr. 2 dieser Vorschrift betrifft insbesondere Vergleichsportale und sieht die Pflicht vor, Verbraucher über die Anbieter zu informieren, deren Angebote bei der Erstellung des Vergleichs berücksichtigt wurden.
Nr. 3 sieht künftig eine Hinweispflicht vor, wenn zwischen dem Marktplatzbetreiber und dem Anbieter wirtschaftliche Verflechtungen bestehen. Zudem muss der Marktplatzbetreiber angeben, ob es sich bei dem Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, um einen Unternehmer handelt. Außerdem muss der Verbraucher von dem Anbieter des Online-Marktplatzes Informationen dazu erhalten, wie sich die vertraglichen Pflichten zwischen ihm und dem Anbieter aufteilen.
Nr. 7 sieht Informationen vor, wenn der Anbieter Eintrittsberechtigungen weiterverkauft.
Die formalen Anforderungen an die Informationen regelt Art. 246d § 2 EGBGB-E. Diese müssen in klarer, verständlicher und in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung gestellt werden.
Besondere Vorgaben zur Darstellung der Informationen über das Ranking und die Informationen über die Erstellung eines Vergleichs enthält Art. 246d § 2 Abs. 2 EGBGB-E.
Verschärfte Sanktionen
Durch die Omnibus-Richtlinie werden die Sanktionen bei Zuwiderhandlungen insgesamt verschärft. Für Geldbußen ist ein Höchstbetrag von mindestens 4% des Jahresumsatzes im betroffenen Mitgliedstaat oder falls sich der Jahresumsatz nicht ermitteln lässt von mindestens 2 Millionen Euro vorgesehen. Zur Umsetzung soll ein neuer Art. 246e EGBGB eingeführt werden.