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25. Januar 2021 - erstellt von Dominik Görtz
FFP2-Masken – Gewährleistung, Produkthaftung, Abmahnung und Verkaufstop – Teil 3

Teil 3

III. Gewährleistung und Haftung beim Verkauf nicht gesetzeskonformer Masken
Nicht gesetzeskonforme Gesichtsmasken können einen Mangel aufweisen und neben den öffentlich-rechtlichen Sanktionen der Marktaufsichtsbehörden vertragliche Gewährleistungs-rechte von Käufern, Abmahnungen von Wettbewerbern und im äußersten Fall Schadensersatzansprüche der Endnutzer und Verbraucher nach dem Produkthaftungsgesetz auslösen.
In den Medien häufen sich derzeit Meldungen von rechtlichen Auseinandersetzungen sowohl des Bundes als auch gewerblicher Käufer von angeblichen „FFP2“-Masken gegenüber Lieferanten, Händlern und Herstellern, die dies bestätigen.
Dabei weckt die Sach- und Rechtslage teilweise sichtlich Assoziationen zu den Betrugsvorwürfen und den Manipulationen der Hersteller im Zusammenhang mit dem Dieselabgasskandal. So lässt sich oftmals feststellen, Hersteller aus China aber auch Quasi-Hersteller und Inverkehrbringer Deutschland Dokumente sowie Produktsicherheitsprüfungen manipulieren oder fälschen, unberechtigterweise eine CE-Kennzeichnung der Masken und Verpackungen vornehmen und damit am Markt die Einhaltung des Schutzniveaus und der Vorgaben der PSA-Richtlinie zu Unrecht suggerieren.
Allen Fällen materieller sowie formeller Mängel ist gemeinsam, dass die Masken mangelhaft sind und die umfassende Gewährleistungs-, Regress- und sonstige Rechtsverfolgungsansprüche auslösen kann.

1. Materielle Mangelhaftigkeit

Materielle Mangelhaftigkeit bzw. Nichtkonformität liegt vor; wenn ein Produkt in der Anwendung nicht die Schutzziele der entsprechenden Produktsicherheitsvorschrift erreicht und da-mit für die Verbraucher und Endnutzer in der Anwendung gefährlich ist.
Dies ist bei Masken anzunehmen, wenn beispielsweise die verwendeten Materialien schadstoffbelastet sind, die Maske keine ausreichende Luftdurchlässigkeit gewährleistet bzw. nicht die geforderte Dichte insbesondere wegen einer mangelhaften Passform aufweist.
Wird zum Nachweis der Konformität eines Produktes eine harmonisierte Norm („DIN-Norm“) verwendet, ist – mangels abweichender Vereinbarungen – von einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung auszugehen. Als konkludent vereinbart gilt dann eine Beschaffenheit, die den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Stellt sich heraus, dass das Produkt die DIN-Norm – vorliegend die – DIN EN 149:2001+A1:2009 – nicht erfüllt, liegt ein Sachmangel vor.
Wird beim Bestellvorgang auf eine solche DIN-Norm Bezug genommen, alternativ auf die maßgebliche EU-Richtlinie oder eine das besondere Schutzniveau ausweisende Bezeichnung wie vorliegend Atemschutzmaske oder FFP2-Maske, so ist eine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung einer der PSA-Richtlinie und dieser Norm unterliegenden Atemschutzmaske auszugehen.
Letztendlich wird es sich bei einer materiellen Nichtkonformität der Masken immer um einen Sachmangel handeln, da das Produkt dann keine Beschaffenheit aufweist, die üblicherweise von einem Verbraucher bzw. Endnutzer aber eben auch gewerblichen Käufern und Zwischenhändlern erwartet werden kann.
Dies gilt im Besonderen auch für gewerbliche Käufer und Zwischenhändler, die materiell mangelhafte Produkte bzw. Masken nicht weiterverkaufen dürfen.

2. Formelle Mängel

Ein Sachmangel der Masken ist in aller Regel auch in Fällen der formellen Mangelhaftigkeit bzw. Nichtkonformität anzunehmen. Dies gilt insbesondere, wenn die für eine CE-Kennzeichnung von Atemschutzmasken erforderlichen Unterlagen nicht vorliegen bzw. manipuliert worden sind oder auch aus anderen Gründen eine CE-Kennzeichnung zu Unrecht erfolgt ist und solche Masken als „FFP2“-Masken ausgewiesen werden.
Allen Fällen ist gemeinsam, dass für gewerbliche Käufer und Händler derart falsch gekennzeichnete Masken oder solche mit fehlender bzw. unzureichender Dokumentation nicht weiterverkaufsfähig bzw. zweckentsprechend einsetzbar und damit mangelhaft sind, da sie ins-besondere mit öffentlich-rechtlichen Sanktionen wie auch Gewährleistungsansprüchen ihrer Kunden sowie der Abmahnung durch Wettbewerber rechnen müssen.
Die Bundes- und Landesbehörden als Käufer solcher formell mangelhafter Masken müssen damit rechnen, dass der Einsatz solcher Masken von den Unterbehörden untersagt bzw. verweigert wird und bei der Verwendung dieser mit Personenschäden der Endnutzer zu rechnen ist, insbesondere wenn sich Zweifel zum tatsächlichen Schutzniveau und damit ein berechtigter Gefahrenverdacht wegen fehlender oder gefälschter Dokumente sowie anderer formeller Mängel nicht ausräumen lässt.
Schwieriger ist dagegen die Frage, ob ein Verbraucher bzw. Endnutzer sich ohne weiteres auf einen Sachmangel wird berufen können, wenn für das Produkt, vorliegend die Masken, zu-nächst nur eine formale Nichtkonformität festzustellen ist. So sehen einige Oberlandesgerichte in der Vergangenheit in der rein formalen Nichtkonformität vergleichbarer Produkte für Verbraucher und Endnutzer ausnahmsweise dann keinen Sachmangel, wenn ein materieller Mangel, d.h. eine fehlende Funktionsfähigkeit bzw. nicht ausreichende Schutzfunktion, hat ausschließen lassen. In diesen Fällen wird man allerdings entsprechend der Beschlussfassung des OVG Lüneburg vom 09.12.2020 davon ausgehen müssen, dass der Hersteller bzw. Verkäufer die einwandfreie materielle Beschaffenheit der Produkte und damit deren Funktionsfähigkeit und die Einhaltung der geforderten Schutzfunktion auch auf zivilrechtlicher Ebene wird nachweisen müssen.

3. Abmahnung und Verkaufstop

Zudem ist der Verkauf von FFP2- und alle Arten anderer Atemschutzmasken am Markt bei Vorliegen formeller Mängel wegen eines Verstoßes gegen die Richtlinienvorgaben gemäß §§ 3 Abs. 1, 3a UWG wettbewerbswidrig. Inhfolge einer damit verbundenen Abmahnfähigkeit durch Wettbewerber sind diese Masken auch aus diesem Grund für einen Händler nicht verkaufsfähig und mangelhaft.

Dies gilt etwa auch, wenn das vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren einschließlich der erforderlichen einer in der EU ansässigen, benannten Stelle nicht erfolgt ist und die Masken vom Hersteller unzulässigerweise mit dem CE-Kennzeichen versehen wurden. Ein derartiger Verstoß gegen die zwingenden PSA-Richtlinien-Vorschriften stellt eine wettbewerbswidrige unlautere geschäftliche Handlung dar. Wettbewerber sowie besondere Institutionen können in diesem Fall Abwehransprüche einschließlich dem Anspruch auf Unterlassung der Bereitstellung solcher Masken gegenüber Hersteller und Händler geltend machen, so dass auch auf diesem Wege die Masken nicht auf dem Markt verkauf werden können.

Mangelhaft produzierte Masken lösen ebenso wie mangelhaft gekennzeichnete Masken Ansprüche von Wettbewerbern aus Abmahnung sowie auf Unterlassung des weiteren Verkaufs und damit ein faktisches Vertriebsverbot für den Händler aus.

4. Anwaltliche Beratung und Prozessführung

Unsere Anwälte beraten seit dem Frühjahr 2020 eine Vielzahl von Unternehmen auf Käufer- sowie Verkäuferseite zur Wahrung der eigenen Rechtsposition sowie dem Schutz des Marktes vor mangelhaften Atemschutzmasken.

Auf Verkäuferseite geht es um die Bereitstellung gesetzeskonformer Masken und insbesondere Fragen der Herstellereigenschaft als Inverkehrbringer der Masken, die Pflichten zur ordnungsgemäßen CE-Kennzeichnung, Ausstellung der EU-Konformitätserklärung, die EU-Baumusterprüfbescheinigung einer zertifizierten Stelle in der EU und die Klärung von Anfragen seitens der Marktaufsichtsbehörden.

Auf Käuferseite sind wir von Zwischenhändlern beauftragt, Gewährleistungsansprüche gegenüber Lieferanten durchzusetzen, Sachverhaltsaufklärung mit Prüflaboren und den Überwachungsbehörden zu betreiben sowie den Vertrieb nicht gesetzeskonformer Produkte durch Wettbewerber zu untersagen.

Gerade solche Masken aus asiatischer Herstellung weisen oftmals unzureichende Dokumente und Prüfungen auf, die den gesetzlichen Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/425 für persönliche Schutzausrüstung nicht entsprechen. Teilweise haben inländische Hersteller und Händler versucht, sich mit manipulierten Dokumenten zu „behelfen“, was stark an die Manipulationsvorwürfe im Dieselabgasskandal erinnert und auch von der Marktaufsicht scharf sanktioniert wird. Unsere Kanzlei führt das zivilrechtliche Parallelverfahren zu dem vom OVG Lüneburg am 09.12.2020 aus öffentlich-rechtlicher Sicht entschiedenen Sachverhalt, bei dem der durch unsere Mandantin nach erfolgten Vertragsrücktritt verklagte inländische Hersteller eben derart manipulierte Dokumente verwendet hat, um die eigene unzutreffende CE-Kennzeichnung und die fehlende Verkaufsbarkeit von FFP2-Masken zu vertuschen.

Über den Ausgang dieser zivilrechtlich für Hersteller und Lieferanten persönlicher Schutzausrüstungen wegweisenden Entscheidung halten wir Sie auf dem Laufenden.

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