Görtz – Legal
DE
EN
Sprache:

26. September 2018 - erstellt von Dominik Görtz
Wichtige gesetzliche Neuregelungen im E-Commerce 2018/2019

A. Einleitung

Im E-Commerce sind 2018 bedeutsame Neuregelungen etwa im Kaufrecht zu der Erstattung von Aus- und Einbaukosten in Kraft getreten und 2019 stehen weitere Gesetzesänderungen mit Auswirkung für den E-Commerce bevor.

B. Gesetzliche Neuerungen im Einzelnen

I. Neuregelungen im Kaufrecht
– Nacherfüllungskosten und Regressanspruch gegen den Lieferanten

Mit In-Kraft-Treten des § 439 Abs. 3 BGB n.F. zum 01.01.2018 ist nun ausdrücklich gesetzlich geregelt, dass der Verkäufer einer mangelhaften Sache im Rahmen der Nacherfüllung die Kosten für den Ausbau und Wiedereinbau der Sache zu tragen hat. Dies setzt voraus, dass der ursprüngliche Einbau der Sache gemäß ihrer Art oder ihrem Verwendungszweck erfolgt war. Soweit der Verbrauchsgüterkauf betroffen ist, setzt diese Regelung lediglich die bisherige Rechtsprechung in Gesetzesform um, wonach der Verkäufer verschuldensunabhängig für diese Kosten zu haften hat. Die Neuregelung erfasst alle Rechtsgeschäfte und zwar auch jene im unternehmerischen Geschäftsverkehr (B2B und B2C), womit der Käufer nicht mehr auf einen Schadensersatzanspruch angewiesen ist, der ein Verschulden des Verkäufers zur Voraussetzung hat.

Ebenfalls neu eingeführt wurde der § 445a BGB n.F. Dieser gibt dem nach § 439 Abs. 3 BGB n. F. haftenden Verkäufer in bestimmten Konstellationen einen verschuldensunabhängigen Regressanspruch gegen seinen Vorlieferanten auf Ersatz der ihm durch den Anspruch seines Käufers entstandenen Kosten und Aufwendungen verschafft. Diese Vorschrift gilt nur für den Verkäufer einer neu hergestellten Sache. Der vom Verkäufer nach § 445a BGB n. F. in Anspruch genommene Vorlieferant kann wiederum nach § 445a Abs. 3 BGB n. F. seinen jeweiligen Lieferanten auf dieselben in Anspruch nehmen, sofern auch dieser Unternehmer ist.

Durch die Reform profitieren gewerbliche Endkunden aber auch E-Commerce-Anbieter, da sie einen verschuldensunabhängigen Anspruch gegen ihren Vorlieferanten erhalten. Kritisch ist dies allerdings, wenn der Vorlieferant vermögenslos ist, im Ausland sitzt oder nicht mehr existiert.
Allerdings entstehen für E-Commerce-Anbieter im Verhältnis zu ihren gewerblichen Kunden durch die Neuregelung zugleich erheblich höhere Regressrisiken, denn nach § 439 Abs. 3 BGB haften sie nunmehr auch im B2B-Geschäft ihren Käufern verschuldensunabhängig für erforderliche Aus- und Einbaukosten.

Aus diesem Grund müssen die Marktteilnehmer im E-Commerce ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) aktualisieren, möchte man diese Rechtsfolge beschränken.
Der mögliche Verlust von Gewährleistungsansprüchen gemäß § 377 Abs. 2 HGB oder § 442 BGB bleibt weiterhin möglich.

II. Verbot der Erhebung von Entgelt für bestimmte Zahlungsmittel § 270a BGB n.F.

Durch das am 13.01.2018 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (ZDUG) wurde die Richtlinie (EU) 2015/23662 umgesetzt. Ziel der vorgenannten Richtlinie ist es, die Erhebung eines Entgelts für die Nutzung bestimmter bargeldloser Zahlungsmittel (sog. Surcharging) zu beschränken. Das ZDUG hat zu diesem Zwecke den § 270a BGB eingeführt.
Seit dem 13.01.2018 sind gemäß § 270a Satz 1 BGB Vereinbarungen, die den Schuldner verpflichten, ein Entgelt für die Nutzung bestimmter innereuropäischer Zahlungsmittel zu entrichten, unwirksam. Auch kostendeckende Entgelte sind nicht erlaubt. Konkret findet die Regelung auf die SEPA-Basislastschrift, die SEPA-Firmenlastschrift und die SEPA-Überweisung Anwendung und betrifft, anders als § 312a Abs. 4 BGB, nicht ausschließlich Verbraucherverträge.

Für Zahlungen mittels Kreditkarte gilt die Unwirksamkeit einer Entgeltvereinbarung gemäß § 270a Satz 1 Alt. 3, Satz 2 BGB nur bei Zahlungen von Verbrauchern mit bestimmten Zahlungskarten, z.B. derzeit VISA und Mastercard, bei denen die Interbankenentgelte durch die MIF-Verordnung begrenzt sind. Zahlungen, bei denen sich SEPA-Überweisungen lediglich im Hintergrund abspielen, wie z.B. bei der Nutzung von PayPal, sind nicht erfasst.

III. Neufassung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG)

Gemäß Art. 8 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten ist ab dem 15.08.2018 die zweite Umsetzungsstufe der Novelle des Elektrogesetzes in Kraft getreten. Die Änderungen beruhen auf der am 13.08.2012 in Kraft getretenen Richtlinie 2012/19/EU5 (WEEE-Richtlinie), welche die schädlichen Auswirkungen der Entstehung und Bewirtschaftung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten vermeiden bzw. verringern und die Effizienz der Ressourcennutzung steigern soll. Hierzu sollen mehr Altgeräte einer umweltfreundlichen Entsorgung zugeführt werden.

Seit dem 15.08.2018 unterfallen grundsätzlich alle Elektro- und Elektronikgeräte dem nun offenen Anwendungsbereich des Gesetzes („open-scope“). Ausgenommen sind nur noch Geräte, die in § 2 Abs. 2 ElektroG explizit aufgeführt sind, z.B. militärische Waffen, Glühlampen oder Ausrüstungsgegenstände für einen Einsatz im Weltraum.
Durch diese Änderung wird im Ergebnis der Anwendungsbereich des Gesetzes erweitert, gerade auch im Hinblick auf zukünftige, bisher im Gesetz nicht angelegte Produktkategorien. Neben den neuen Registrierungsmodalitäten, die für alle Hersteller sowie für Händler gelten, die ein registrierungspflichtiges Produkt aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus einem Drittland erstmals in Deutschland anbieten, trifft die Neuerung insbesondere einzelne E-Commerce-Anbieter, deren hergestellte bzw. vertriebene Produkte erstmalig unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen (z.B. die Inverkehrbringer von Produkten mit integrierter Elektronik).

IV. Verordnung für persönliche Schutzausrüstung

Seit dem 21.04.2018 erlegt die Verordnung (EU) 2016/4256 Onlinehändlern von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) neue, im Verhältnis zur vorherigen Rechtslage weitergehende Pflichten auf. Die Verordnung knüpft an den Vertrieb besonderer Produkte an. Unter den Begriff PSA fällt Ausrüstung, die eine Person als Schutz gegen ihre Gesundheit oder ihre Sicherheit gefährdende Risiken trägt oder hält, etwa Gehörschutz oder Atemschutz.

Zwar richtet sich die Verordnung überwiegend an Hersteller und Importeure von PSA. E-Commerce-Anbieter müssen jedoch vor dem Vertrieb von PSA-Produkten sicherstellen, dass die PSA mit einer CE-Kennzeichnung versehen ist und dass erforderliche Unterlagen sowie insbesondere die Bedienungsanleitung in der Sprache des von ihnen bedienten Markts bereitstehen. Zudem müssen sie die Erfüllung bestimmter Pflichten durch Hersteller und Importeure eigenständig überprüfen (etwa die Anbringung einer Seriennummer des Produkts und des Namens des Herstellers und des Importeurs auf dem Produkt bzw. der Verpackung). Sie haben außerdem bestimmte Marktüberwachungsmaßnahmen zu erfüllen. So sind etwa Risiken oder Unzulänglichkeiten der Produkte dem Hersteller bzw. Importeur und den Behörden zu melden.

V. Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

Seit dem 25.05.2018 ist die Verordnung (EU) 2016/6797 (DSGVO) anwendbar. Sie gilt auch für bereits zuvor begonnene Datenverarbeitungen und bringt für E-Commerce-Anbieter Neuerungen sowohl im organisatorischen Betrieb als auch im Umgang mit den laufend anfallenden personenbezogenen Daten.
Je nach Anzahl der datenverarbeitenden Mitarbeiter im Unternehmen ist ein Datenschutzbeauftragter zu bestellen. Bei Vornahme bestimmter Kategorien von Datenverarbeitungen im Unternehmen kann dies auch unabhängig von der Mitarbeiterzahl verpflichtend sein.

Die im Unternehmen erfolgenden Datenverarbeitungs- und -speicherprozesse sind zu dokumentieren und ggf. zu überarbeiten, um unnötige Verarbeitungen zu vermeiden sowie um die Einholung notwendiger Einwilligungen sowie die Löschung nach Ablauf der Aufbewahrungsdauer und nach berechtigtem Antrag des Betroffenen sicherzustellen. Die Anbieter müssen sicherstellen, dass ihre Datenschutzerklärung über alle aktuellen relevanten Verarbeitungsprozesse informiert und die gesetzlichen Pflichtangaben enthält. Vertragsbeziehungen mit Dritten, aufgrund derer personenbezogene Daten an diese übermittelt werden, müssen auf ihre Konformität mit der DSGVO überprüft werden.

VI. Ausblick: Änderung der Umsatzsteuervorschriften für den grenzüberschreitenden Handel in der EU ab 01.01.2019 bzw. 01.01.2021

Am 05.12.2017 hat die EU die Richtlinie 2006/112/EG8 (MwStSystRL) geändert durch die Richtlinie (EU) 2017/24559 und zwei die MwStDVO ergänzende Verordnungen erlassen. Durch die Reform sollen ab dem 01.01.2019 Änderungen für grenzüberschreitende elektronisch erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer (B2C) eintreten.

Es wird ein Schwellenwert von 10.000 Euro eingeführt. Die Abführung der Umsatzsteuer kann bis zu diesem Schwellenwert nun im Sitzland des Unternehmers erfolgen, was Kleinunternehmern die Registrierung und Abführung der Umsatzsteuer im Bestimmungsort der Leistung, d.h. im Wohnsitzland des Kunden, erspart.

Eine weitere Neuerung gilt für Unternehmer, die den sog. „Mini-One-Stop-Shop“ (MOSS) nutzen und zur Vermeidung der o.g. Auslandsregistrierungen ihre EU-weiten Steuererklärungen gebündelt in ihrem Ansässigkeitsstaat abgeben, der die Umsatzsteuer an die Mitgliedstaaten der Leistungserbringung weiterleitet, § 18h UStG. Sie müssen ab dem 01.01.2019 nicht mehr die rechtlichen Anforderungen an eine Rechnung im Bestimmungsland beachten, sondern können die Anforderungen in ihrem Sitzland zugrunde legen.

Ab dem 01.01.2021 soll dann eine umfangreiche Neuregelung des grenzüberschreitenden Versandhandels in Kraft treten, der die Regelungen des MOSS auch auf diesen Bereich ausweitet, dafür im Gegenzug die Lieferschwelle auf 10.000 Euro herabsetzt und Einfuhrumsatzsteuerbefreiungen abschafft.

Diese Gesetzesänderungen dienen zum einen der Erleichterung und Entbürokratisierung, so dass sie für einen Teil der E-Commerce-Anbieter Vorteile mit sich bringen werden. Andererseits wird die Reform aber einigen Anbietern auch zusätzlichen Verwaltungsaufwand aufbürden.

VII. Ausblick: In-Kraft-Treten des Verpackungsgesetzes am 01.01.2019

Am 01.01.2019 tritt mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Getrennterfassung von wertstoffhaltigen Abfällen das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) in Kraft. Es löst die Verpackungsverordnung ab.

Das Gesetz wendet sich nicht ausschließlich an die Hersteller von Verpackungsmaterialien. Nach der Legaldefinition gilt als Hersteller auch derjenige, der bestimmte Verpackungsmaterialien erstmals gewerbsmäßig in Deutschland in den Verkehr bringt, § 3 Abs. 14 VerpackG. Durch diese Regelung werden in vielen Fällen E-Commerce-Anbieter erfasst werden; etwa, wenn sie Produkte von außerhalb Deutschlands einführen und vertreiben oder wenn sie Produkte zum Versand verpacken.
Liegt die Herstellereigenschaft vor, bestehen verschiedene Pflichten. Zunächst muss vorab eine Registrierung bei der sog. Zentralen Stelle erfolgen, § 9 Abs. 1 VerpackG. Zudem muss eine Beteiligung an einem Dualen System erfolgen, § 7 Abs. 1 Satz 1 VerpackG. Hierbei handelt es sich um zugelassene Privatunternehmen, welche die Organisation der Sammlung, Sortierung und Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen durchführen. Die Abgabe von Verpackungen an Endverbraucher, die vorschriftswidrig nicht an einem Dualen System beteiligt sind, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und ist der Abmahnung zugänglich.

Es ist vorgesehen, eine Liste mit allen registrierten Online-Händlern zu veröffentlichen. Hierdurch soll Transparenz hergestellt werden, um Verstöße gegen das Verbot des Inverkehrbringens nicht lizensierter Verpackungen zu ahnden.

Das neue Verpackungsgesetz bedeutet somit für eine Vielzahl von E-Commerce-Händlern erweiterten Verwaltungsaufwand und höhere Verpackungskosten.

Kategorie(n): Tagged With: