Enthalten Testamente „böse Überraschungen“ oder Regelungen, die dem vermeintlichen Willen des Erblassers in der im Testament enthaltenen Form so nicht entsprochen haben können, stellt sich den Betroffenen vielfach die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, das nach ihrer Auffassung unrichtige, nicht den tatsächlichen Willen des Erblassers widergebende Testament anzugreifen.
Eine Möglichkeit ist hierbei die Testamentsanfechtung. Ziel dieser ist es, dass das streitgegenständliche Testament insgesamt oder zumindest in Teilen als von Beginn an nichtig gewertet wird.
Mögliche Anfechtungsgründe sind dabei:
- Inhalts- oder Erklärungsirrtum (§ 2078 Abs.1 BGB)
Hat sich der Testierende bei der Errichtung seines Testamentes über dessen Inhalt geirrt oder wollte er die darin getroffene Erklärung in der niedergelegten Art nicht abgeben, beispielsweise weil er sich verschrieben hat oder über die Bedeutung seiner Worte irrte, so besteht die Möglichkeit, das Testament aufgrund eines Inhalts- bzw. Erklärungsirrtums anzufechten. - Motivirrtum (§ 2078 Abs. 2 BGB)
Die Anfechtung eines Testamentes wegen eines Motivirrtums ist dann möglich, soweit der Erblasser die von ihm getroffene Verfügung auf Basis einer irrigen Annahme oder Erwartung des (Nicht-)Eintritts eines bestimmten Umstandes getroffen hat. Maßgeblich ist dabei, dass diese irrige Vorstellung letztlich der bewegende Grund für die Art der getroffenen Verfügung gewesen ist. - Widerrechtliche Bedrohung des Testierenden
Basiert das Testament nicht auf dem freien Willen des Testierenden, sondern wurde dieses durch eine widerrechtliche Drohung erzwungen, so kann das Testament angefochten werden. Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Testierende den Drohenden selbst oder einen Dritten aufgrund der Drohung in seinem Testament bedenkt. - Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten (§ 2079 BGB)
Ein Testament kann auch dann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei der Errichtung seines Testamentes nicht bekannt war oder der Pflichtteilsberechtigte erst nach der Errichtung der letztwilligen Verfügung geboren wurde. Typische Beispiele hierfür sind die (Wider-)Verheiratung des Erblassers oder die Geburt eines (weiteren) Kindes nach Testamentserrichtung.Grundvoraussetzung für die Anfechtung wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten ist aber, dass der Testierende sein Testament nach Hinzutreten des neuerlichen Pflichtteilsberechtigten nicht erneut geändert hat und er auch nicht eindeutig erklärt hat, dass er trotz des Hinzutretens an seiner bisherigen Verfügung festhallten wolle.
Anfechtungsberechtigt sind all diejenigen, denen die Aufhebung des Testamentes unmittelbar zugutekommen würde. Die Anfechtung hat dabei unter Nennung der Anfechtungsgründe gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht zu erfolgen. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass die Anfechtung des Testamentes nur binnen einer Frist von einem Jahr ab Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund erklärt werden kann.
Wer Zweifel an dem Inhalt der letztwilligen Verfügung hat und daran, dass diese dem tatsächlichen Willen des Erblassers entspricht, sollte auch wegen der relativ kurzen Anfechtungsfrist zeitnah Beweise, die seine Auffassung stützen, sammeln und diese im Zusammenhang mit einer möglichen Testamentsanfechtung prüfen lassen. Gerne unterstützen wir Sie hierbei.
Axel Steiner
Rechtsanwalt
für Erbrecht