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21. Mai 2025 - erstellt von Dominik Görtz
“Made in Germany” bei Endmontage im EU-Ausland?

I. Sachverhalt

Bei mehrteiligen Industrieerzeugnissen werden regelmäßig einzelne Produktionsschritte nicht in Deutschland stattfinden, sondern im EU-Ausland oder außerhalb der EU. Dies gilt mitunter auch für die Endmontage.
In diesen Fällen müssen Unternehmen sich mit der Frage auseinandersetzen, ob auf diesen Produkten die Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ ausgewiesen werden darf.

II. Rechtliche Würdigung

1. Einführung

Die Kennzeichnung des Herkunftslandes gilt als Werbung und Zeichen für besondere Qualität.
Als geographische Ursprungs- und Qualitätsbezeichnung „Made in Germany“ ist durch mehrere Rechtsvorschriften geschützt. Deren Einhaltung kann – meist auf Antrag eines Wettbewerbers – durch die zuständigen Gerichte überprüft werden.

2. „Kennzeichnungsverpflichtung“
Es gibt in der deutschen Rechtsordnung keine generelle Kennzeichnungsverpflichtung über den Herstellungsort eines Produktes. Die Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ ist freiwillig.
Das Produktsicherheitsrecht enthält Regelungen, die Angaben zum Herstellers und seiner Kontaktdaten vorsehen. Bei diesen Herstellerangaben handelt es sich nicht um die Herkunftsbezeichnung für den Produktionsort im Sinne von „Made in Germany“.

3. Rechtslage
Welche Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit einer Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ einzuhalten sind, ist der deutschen Rechtsordnung nicht konkret zu entnehmen.
Über die Rechtmäßigkeit einer Herkunftsbezeichnung und die dazu maßgeblichen Voraussetzungen befinden im Bedarfsfall dazu angerufene Gerichte im Einklang mit der vorherrschenden Rechtsprechung, die sich wie folgt darstellt:

a) BGH I ZR 33/72 v. 23.03.1973 (Ski-Sicherheitsbindung)
Die Bewertung zur Rechtmäßigkeit der Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ hängt davon ab, ob die Eigenschaften oder Bestandteile der Ware, die in den Augen der Verkehrskreise deren Wert ausmachen (produktwesentlich), auf einer deutschen oder ausländischen Leistung beruhen.
Schätzt das Publikum die Ware hauptsächlich wegen solcher Eigenschaften, die auf deutschen Leistungen beruhen, wird es durch die deutsche Herkunftsbezeichnung nicht irregeführt, auch dann nicht, wenn andere Eigenschaften der Ware, die für die Wertschätzung keine oder eine geringe Bedeutung haben, auf ausländischen Leistungen beruhen.

b) LG Stuttgart 35 O 170/02 v. 27.02.2003 (Multimedia-PC)
Die Werbung mit dem Hinweis „Qualität made in Germany“ für einen in Deutschland „end-montierten“ PC ist irreführend und damit unzulässig, wenn die wesentlichen Bestandteile des Computers, wie Grafikkarte, Festplatte, DVD—ROM-Laufwerk, Brenner und Mainboard im Ausland gefertigt worden sind.
Im Umkehrschluss lässt sich begründen, dass bei wesentlichen deutschen Produktionsleistungen eine einfache Endmontage im EU-Ausland der Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ nicht zwangsläufig entgegensteht.

c) OLG Köln 6 U 156/13 v. 13.06.2014 (Schmiedekolben)
Finden die Arbeitsschritte, durch die ein Produkt als Endprodukt seine aus Verkehrssicht wesentlichen Eigenschaften erhält, in Deutschland statt und erfolgt in Deutschland auch die ganz überwiegende Wertschöpfung, ist die Angabe „Made in Germany“ nicht zu beanstanden.
Das OLG Köln hat über einen Fall entschieden, bei dem einer von insgesamt 15 Produktionsschritten nicht in Deutschland erfolgte. Hierbei handelt es sich nicht um die Endmontage, sondern einen Zwischenschritt in der Produktionsphase. Dieser Zwischenschritt erfolgte nicht durch ein Drittunternehmen, sondern durch die ausländische Niederlassung des deutschen Produktionsunternehmens unter Einsatz eigener Maschinen und Prozesse nach dessen Vorgaben und damit auch unter Einsatz deutschen Know-hows sowie deutscher Verarbeitungsprozesse und Qualitätsstandards.

d) BGH I ZR 16/14 v. 27.11.2014 (Kondom)
Für die Rechtmäßigkeit der Herkunftsangabe „Made in Germany“ ist es notwendig, aber auch ausreichend, dass alle Leistungen in Deutschland erbracht worden sind, durch die das zu produzierende Industrieerzeugnis seine aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhält.

e) OLG Frankfurt a. M. 6 W 84/20 v. 17.08.2020 (Solarmodul)
Auch nach dieser Entscheidung aus dem Jahr 2020 ist maßgeblich darauf abzustellen, dass der Verkehr für die Herkunftsbezeichnung auf den Ort der Herstellung der Ware abstellt, an dem das Industrieprodukt seine für die Verkehrsvorstellung maßgebende Qualität und charakteristischen Eigenschaften erhält.
Planerische und konzeptionelle Leistungen, die in Deutschland erbracht werden, werden allein für sich betrachtet nicht als wesentliche Schritte der Produktion angesehen, können die zulässige Annahme der Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ gleichwohl bestärken.

Görtz Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechtsanwalt Dominik Görtz

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